Außer in Palliative Care wird der Begriff „palliativ“ auch in der Onkologie verwendet. Dort steht der Begriff als „palliative Therapie“ für solche Maßnahmen, die nicht mehr die Heilung des Patienten zum Ziel haben. Somit fällt ein beträchtlicher Prozentsatz aller onkologischen Therapien unter diesen Begriff.
Palliativ im onkologischen Sinne meint „nicht heilbar“, darüber hinaus hat er im Grunde keine weitere Bedeutung.
Es erscheint also sinnvoll zwischen „onkologischem palliativ“ und „palliativem palliativ“ zu unterscheiden. Das „palliative palliativ“ beinhaltet die Anerkennung des Sterbens durch die Medizin, was eine Reflexion der eigenen Haltung des Behandlers zu Tod, Sterben und Trauer beinhaltet bzw. voraussetzt. Außerdem werden neben der körperlichen Behandlung auch die psychischen, die sozialen und die spirituellen Bedürfnisse des Patienten berücksichtigt und darüber hinaus auch die der Angehörigen, d.h. der Patient wird im Kontext seines sozialen Umfelds wahrgenommen (s. WHO-Definition von Palliative Care). Ein solches Verständnis von „palliativ“ führt zu einer gänzlich anderen Perspektive, da sie den Blick des Behandlers immens erweitert. Da sich die Kommunikation mit dem Patienten nicht mehr allein auf die Behandlung des Tumors zentriert, sondern auch die Wertewelt, die Bedürfnisse, die Lebenswirklichkeit des Patienten mit einschließt, kann dies zur Folge haben, dass etwa das Behandlungsziel immer wieder hinterfragt und neu definiert wird. Möglicherweise ändert sich dann der Gegenstand dessen, worauf der Patient hofft: statt auf Verlängerung des Lebens um jeden Preis mag etwa das Nutzen der verbleibenden Zeit in den Mittelpunkt treten in der Hoffnung auf möglichst viel Lebensqualität.
Die Differenzierung zwischen „onkologischem palliativ“ und „palliativem palliativ“ soll nicht zu ideologischer Abgrenzung führen, sondern lediglich einen Unterschied im Verständnis dieses Begriffes deutlich machen, der momentan (noch) besteht, und somit Missverständnissen vorbeugen.
