Leben

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Eckhart Tolle konstatiert, dass das Gegenteil von „Tod“ nicht „Leben“ wäre – das Gegenteil von „Tod“ sei „Geburt“. Wenn Geburt und Tod die beiden Pole einer horizontalen Achse repräsentierten, spiele sich Leben davon unabhängig davon ab, sozusagen in der vertikalen Dimension. Auch wenn man dem entgegenhalten mag, dass die Geburt einen Prozess des Hinübergehens darstellt und deshalb nicht der Tod, sondern das Sterben (auch ein Prozess des Hinübergehens) das Pendant zur Geburt ist, vermittelt sich durch dieses Bild, dass Leben sich immer nur im Moment abspielt und dass Leben eine Dimension des Verbunden-Seins darstellt: Auch wenn wir denken, dass wir autonome, unabhängige, selbständige – vielleicht auch einsame, isolierte, verlassene – Wesen wären, so sind wir doch in jedem Moment eingebunden in Lebensprozesse. Allein durch unsere Atmung und unsere Verdauung (die genau genommen gar nicht „unsere“ ist, sondern die Tätigkeit einer Anzahl von Bakterien, die die Anzahl unser körpereigenen Zellen weit übersteigt), sind wir untrennbar eingebunden in das Leben.

Die Erfahrung des Eingebundenseins erfüllt uns mit innerem Frieden, spendet Trost und schenkt Zuversicht. Die Erfahrung des Eingebundenseins in das Leben, das Verbunden-seins mit allem Lebendigen bzw. Existierenden stellt eine spirituelle Dimension dar.
Durch die Konfrontation mit dem Tod wird uns das Leben umso bewusster. Wir werden auf das Wesentliche zurückgeworfen. Viele Palliativpatienten berichten, dass sie das Leben intensiver wahrnehmen, den einzelnen Augenblick mehr wertschätzen, sich weniger mit Unwesentlichem beschäftigen und dass sie sich durch die Erkrankung selbst näher gekommen sind. Daher geht es in der Palliativarbeit im Grunde mehr ums Leben als um den Tod. Wenn in Palliative Care von Lebensqualität die Rede ist, ist damit nicht nur die Verbesserung des körperlichen Befindens durch Symptomkontrolle gemeint, es schwingt dabei immer auch die spirituelle Dimension im Sinne des sich mit dem Leben verbunden Fühlens mit. Auch wenn die palliative Lebenssituation durch viele Beschwerden gekennzeichnet ist, geht es in der palliativpsychologischen Begleitung oft um die Würdigung und Wertschätzung des Lebens.

„Life is not a problem to be solved,
it is a mystery to be lived“
(Osho)