Achtsamkeit

A B D F G H I K L M N P R S T V W Z

statt erklärender Worte: Du liest diesen Text auf dem Bildschirm. Nimm einen Augenblick lang wahr, wie Du sitzt. Nimm einfach wahr, ohne etwas bewusst verändern zu wollen.  Nimm den Kontakt mit dem Stuhl wahr, den Druck und die Wärme, nimm Dein Gewicht wahr, das auf die Sitzfläche drückt und das von dieser getragen wird. Lenke Deine Aufmerksamkeit auf Deine Füße – wie ist der Kontakt mit dem Boden? Welche Haltung nimmt Dein Rücken ein? Spüre in die Schultern – sind sie angespannt? Locker? Sammle Dich einen Moment in Deinem Atem: Nimm die Atembewegungen wahr – wie sich der Brustkorb mit dem Einatmen hebt und wie er sich mit dem Ausatmen senkt. Spürst Du die Atembewegung im Bauch? Mit jedem Einatmen hebt sich der Bauch etwas, mit jedem Ausatmen senkt er sich wieder. Und ohne die Augen vom Bildschirm zu wenden: Nimm den Raum um Dich wahr. Die Temperatur, die Gerüche, die Geräusche… Spüre den Raum um Dich und den Raum in Dir. Und zuletzt: Nimm Deine Gedanken wahr. Halte sie nicht fest, beobachte einfach nur, wie sie auftauchen und lasse sie dann weiterziehen.
Nun atme ein oder zwei Mal bewusst und tief ein.

Nun schauen Sie mal auf die Uhr: womöglich ist viel weniger Zeit vergangen als es Ihnen vorkam. Wenn wir uns bewusst werden, was im Moment wirklich da ist, wenn wir nicht –  während wir alle möglichen Tätigkeiten verrichten – in Gedanken mit der Vergangenheit oder mit der Zukunft beschäftigt sind, bekommt Zeit eine neue Qualität, erhält das Erleben eine neue Tiefe. Meistens geben wir aber unserem „Kopfkino“ recht viel Raum. „Live is what happens to you while you are busy making other plans“ (John Lennon). Achtsamkeit bedeutet, wieder in die Mitte des Geschehens zu gelangen. Nicht durch aktives und zielorientiertes Handeln, sondern durch „absichtsloses Wahr-nehmen“ dessen, was gerade geschieht. Achtsamkeitsübungen helfen uns, mehr und mehr eine Haltung der Bewusstheit einzunehmen, uns in Präsenz zu üben. Indem wir uns mit dem Hier und Jetzt verbinden statt uns mit unseren Gedanken zu identifizieren eröffnet sich eine spirituelle Dimension.
Eine achtsame Haltung ermöglicht uns eine unvoreingenommene Sicht auf unser Gegenüber und somit Verständnis für dessen Motivationen, Gefühle und Bedürfnisse. Wenn wir patientenzentriert behandeln und begleiten wollen, ist dies eine Voraussetzung.
Nicht zufällig ist die „dritte Welle“ der Verhaltenstherapie maßgeblich durch Achtsamkeit gekennzeichnet (nach der ursprünglichen „reinen“ Verhaltenstherapie kam die „kognitive Wende“).

Eine Anregung: Halten Sie heute jedesmal, bevor Sie die Türklinke zum Patientenzimmer herunterdrücken, inne, atmen ein Mal bewusst ein und aus und sammeln sich mit dem Satz: „Gleich begegne ich einem Menschen“.
Prüfen Sie am Abend, ob irgendetwas an diesem Tag anders war und wie es Ihnen im Moment geht.